Das bin ich

Corona-Zeiten

 Das bin ich also im echten Leben. Aufgenommen im April 2020. Einem Zwerg nicht unähnlich, oder?

 

Ende der siebziger Jahre in der damaligen DDR geboren und mit den familiären Wurzeln in Böhmen bzw. Tschechien ging es mir eigentlich ganz gut. Ich wusste noch von Nichts und durfte Kind sein.

Kurz bevor es für mich in die Schule gehen sollte, meinten meine Eltern, dass ich doch viel zu schmächtig sei, um den schweren Schulranzen tragen zu können. Also begann ich mehr zu essen und konnte kaum noch aufhören. Ich blieb klein, wurde dick und rund und wurde in der Schule von älteren Mitschülern nicht immer gut behandelt. Freunde fand ich aber trotzdem.

Ich dachte mir Geschichten aus von Robotern, Elfen und fernen Welten. Die Fantasie hatte mich gepackt!

Dann entdeckte ich das Lesen für mich. Karl Mays "Old Surehand", "Der Affenstern" von Peter Abraham und "Mach's gut, Iwuschkin!" der russischen Autorin Irina Tokmakowa, sowie viele weitere verträumte, fantastische Bücher brannten sich in mein junges Gehirn. Ich sog die Geschichten förmlich in mich ein. Bereits im Alter von zehn Jahren begann ich Gedichte zu schreiben, die mir einfach in den Sinn kamen.

Nach der Wiedervereinigung Deutschlands kam ich mit Computern in Berührung und bekam von meinen Eltern einen Amiga500 geschenkt, durch den ich die ersten Kontakte mit den Universen von "Dungeons & Dragons" sowie "Das schwarze Auge" hatte. Die Rasse der Zwerge war dennoch erst meine zweite Wahl. Elben bzw. Elfen waren so das Gegenteil meiner Selbst, dass diese mich zuerst faszinierten. Mein Interesse an Fantasy nach dem Vorbild J. R. R. Tolkiens war geweckt. Die Romanreihen der "Drachenlanze" aus dem D&D-Universum verschlang ich regelrecht.

Gedichte schrieb ich weiterhin, sie halfen mir, mich mit der realen Welt auseinanderzusetzen. Sie begleiteten mich durch die gesamte Jugend bis ins junge Erwachsenenalter. Selbst während meiner Zeit in der Bundeswehr fand ich stille Momente, in denen ich ein paar Zeilen schreiben konnte.

Dann kamen die Harry-Potter-Romane. Erst wollte ich sie gar nicht lesen, weil ich sie für Kinderbücher hielt, doch die Langeweile während eines Besuches bei meinem älteren Bruder ließ mich die ersten beiden Bände Bände lesen, welche sich im Besitz seiner damaligen Freundin befanden. Ich war begeistert!
Mit Schreiben war ab den frühen 2000ern lange Zeit Pause.

Aber das Fantasy-Thema ließ mich nie los. Ich entdeckte weitere Computerspiele: "Neverwinter Nights", "Runes of Magic", "World of Warcraft", "Arcanum" und viele mehr, die meine Sucht nach Abenteuern stillten und auch forcierten. Der Zwerg als Jäger, Kundschafter oder Prospektor wurde je nach Fantasywelt mein liebster Charakter und ich tauchte tiefer ein in ein Leben als Zwerg. Der Bart wurde länger, das Haupthaar blieb kurz, ich wuchs nicht mehr. Bei 170 Zentimetern war Schluss.

Ähnliches passierte mir mit Tolkiens "Herr der Ringe". Nachdem ich den "Hobbit" gelesen hatte, musste ich ALLES haben, was mir über Mittelerde zwischen die Finger kam. Alle Bücher, Karten, Filme - auch das MMORPG "Herr der Ringe Online".

Ja, ich bin wirklich verrückt danach, auch nach der Sprache und Kultur der Zwerge.

Ich weiß, dass es "nur ausgedacht" ist, wie auch Star Trek und Star Wars mit ihren Sprachen, Schriften, Gesellschaftsformen, Kunst, Kultur und allem, was dazu gehört. Menschen stecken unheimlich viel Fantasie, Arbeit und Zeit in solche Projekte, um andere Menschen zu unterhalten und mitzureißen. Bei mir hatte es gewirkt.

Heute, mit mittlerweile über 40 Lebensjahren, blicke ich auf eine Vielzahl von Literatur, Kunst und Filme zurück, die mich sehr beeinflusst und bestärkt haben. Es fühlt sich gut an, Selbstbewusstsein daraus ziehen und in die reale Welt übertragen zu können. Ich sehe mich oft sogar als der Zwerg, der ich gern sein würde. Mit Armbrust und Axt stehe ich bereit und stelle mich dem Leben.