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Pino, das kleine Monster

Image by Sven Lachmann auf Pixabay.com
Ein kleiner Wasserfall im Wald

 

Licht, verschwommene Linien, wilde Farben und doch ganz viel grün.

Der Kopf schmerzt. Wie ein Blitz durchfährt es mich, als meine Pfote das kleine Horn berührt. Reibe mir benommen die Augen und rapple mich auf. Sitzend wird die Welt um mich herum erkennbar.

Was war geschehen? Wie komme ich hierher?

Hungrig meldet sich mein Bauch, die Zunge lechzt trocken nach Wasser.

Endlich werden die Gedanken klarer, lassen mich die Umgebung sehen. Allein im Wald neben einem schroffen Felsen finde ich mich wieder; die grüne Haut angekratzt. Nun denn, auf die Beine vom Nichtstun wird der Tag nur lang.

Reife Zapfen hängen an den Nadelbäumen, die mir essbar erscheinen. Auch am Boden bei den Stämmen finde ich einige, die von den Ästen gefallen sind. Vorsichtig pule ich mit den Krallen die schmackhaften Kerne aus dem Gehäuse. ‚Mjamm, sind die lecker!‘, denke ich mir. Doch was war das? Trippelnde Schritte? Dribbediklapp, Dribbediklapp. Ich drehe meine Ohren in die Richtung, aber nicht meinen Kopf. Dribbediklapp. Es kommt näher. „Pieps! So allein im Wald?“, höre ich es hinter mir deutlich. Nun drehe ich mich doch vorsichtig neugierig um.

Ein Wesen mit sechs Beinen, einer großen Raupe nicht unähnlich, gelb mit grünen Tupfen, schwarzen Knopfaugen und vier Mandibeln, wovon das obere Paar an einem Blatt kaut. Das andere Ende des plumpen Rumpfes ist abgeflacht und von struppigen Härchen bedeckt, wie ein Wedel, um die eigenen Spuren wegzufegen.

Halb lachend entgegne ich: „Nun bin ich nicht mehr allein. Verlaufen habe ich mich und ich weiß nicht einmal, wo mein Zuhause ist.“ Das Kauen stoppt. „Ich bin auf dem Weg zum Monsterdorf auf der großen Lichtung. Komm doch mit, dort wird man dir bestimmt helfen können.“ Ich nicke freudig und wir ziehen gemeinsam los. „Ich bin Saltug vom Tintenmoor. Jedes Mal, wenn die zwei Monde gemeinsam voll sind, gehe ich zum Monsterdorf, um meine Familie zu besuchen.“ Seine hohe Stimme überschlägt sich fast, doch Wärme liegt in seinen Worten. „Mein Name ist Pino. Mehr weiß ich leider nicht mehr. Den Kopf habe ich mir wohl gestoßen, als ich an dem Felsen dort abrutschte.“

So ging es voran, Dribbediklapp, Dribbediklapp. Und tatsächlich, sein Hinterteil verwischt bei jeden „Klapp“ seine Fußspuren. Beim Gehen versuche ich ebenfalls, mit meinem Schwanz die Abdrücke zu beseitigen. Ohne großen Erfolg. Ich verliere glatt das Gleichgewicht und stolpere, sodass ich Saltug leicht anstoße. „Mach langsam, junger Freund. Dein Hinterteil hilft dir beim Laufen, anders als bei mir.“ Er lacht pfeifend.

Bald erreichen wir die große Lichtung. Am Rande, wo der Weg auf die Fläche mündet, halten uns zwei Hundeschnauzen auf: „Willkommen im Monsterdorf! Am See könnt ihr euch erfrischen. Die Ältesten findet ihr am Steinkreis. Niemand wird hier gefressen, sonst werdet ihr verwiesen.“

„Danke für die Hinweise, werte Wächter.“, piepst Saltug. Zu mir gewandt sagt er: „Lass uns zu den Ältesten gehen, sie werden wissen, wie man dir helfen kann.“

Der Steinkreis ist nicht zu übersehen. Als wir näherkommen erkenne ich drei Schildkrötige, die sich leise unterhalten. „… das sollten wir so machen. Wenn wir ihn nicht suchen, kann so viel passieren.“ Eines der drei Wesen schaut mich an und meint: „Das erübrigt sich gerade, die verlorene Seele ist bereits heimgekehrt. Grüß dich, junger Pino. Deine Mutter hat dich seit gestern Abend vermisst.“

 

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